
Schwung für eine neue Demokratie – Sep Ruf im Film
Kirche, Kaufhaus, Kanzlerbungalow – der Architekt Franz Joseph “Sep” Ruf (1908–1982) erfüllte jede Bauaufgabe mit scheinbarer Leichtigkeit. Offenheit und Transparenz definieren sein Werk, das sinnbildlich für die neue, demokratische Geisteshaltung im Deutschland der 1950er-Jahre steht. Jetzt zeigt ein neuer Film die Schlüsselwerke des Münchener Architekten, und zwar mit ebenso viel Schwung, Verve und technischer Präzision. Durch elegante Kamerafahrten und Bossa Nova-Klänge macht Regisseur Johann Betz aus einer umfassenden Werkschau einen sommerlich-leichten Architekturgeschichte-Snack.
Warum Sie ihn nicht verpassen sollten und weshalb es sich lohnt, die Architektur von Sep Ruf näher kennenzulernen, erfahren Sie im folgenden Interview mit dem Filmemacher.
Herr Betz, Sie lehren Architekturfilm an der Hochschule München, sind aber auch Werbefilmer. Ist Sep Ruf Ihr Lieblingsarchitekt?
Es gibt einige großartige Architekten aus dieser Zeit, darunter auch einige Deutsche. Ich schätze die Architektur der 1950er- und 1960er-Jahre generell sehr, mir gefällt diese Eleganz, Leichtigkeit und der „Schwung“ dieser Architektur einfach. Sep Ruf tritt aber durch sein breites und tiefes Œuvre besonders hervor, das hat mich schon sehr beeindruckt. Ich denke schon, dass er mein Lieblingsarchitekt ist, er konnte alles bauen, ich finde dieses Talent herausragend.
In der Tat! Wohnungen, Büros, Museen, Kirchen, Repräsentation – das Werk von Sep Ruf umfasst mehr als 300 Bauten mit unterschiedlichen Funktionen. Nach welchen Kriterien haben Sie die im Film gezeigten Gebäude ausgewählt?
Wir haben zum einen versucht, sein unglaubliches breites Spektrum darzustellen und zum anderen, dabei seine wichtigsten Bauten zu zeigen, also diese mit der größten Strahlkraft – oder anders gesagt: mit den wichtigsten Aussagen für seine Architektur.



Gibt es denn ein Bauwerk, das sehr exemplarisch für den Stil und die Werte des Architekten steht?
Interessanterweise zeigt das jedes seiner Gebäude auf eine eigene Art, weil der Stil des Architekten ja sehr anpassungsfähig war, obwohl er ein “Moderner” war. Am Beispiel der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg lässt sich zum Beispiel die Einbeziehung der Natur in die Architektur Sep Rufs sehr schön ablesen. Er holt die Natur sozusagen in die Gebäude herein und andersrum setzt er die Gebäude sehr behutsam in die Umgebung. Bei der Neuen Maxburg in München (Amts- und Landgericht) passt er sich der historischen Bebauung an, so wirkt das Gebäude in seinem Kontext nicht als Fremdkörper, ist aber trotzdem modern und schafft gleichzeitig durch seine Transparenz eine politisch demokratische Aussage. Die Pavillons in Brüssel zur Weltausstellung 1956 sind an Leichtigkeit nicht zu übertreffen und der Kanzlerbungalow, sein bekanntestes Gebäude, ist ebenfalls durch seine Transparenz ein ganz klares politisches Statement zur Demokratie.
Wie nah kommen wir dem Menschen Sep Ruf durch Ihren Film? Und was können wir dabei über Architektur lernen?
Man lernt Sep Ruf nicht nur als Architekten, sondern auch als Menschen kennen. Zeitzeugen berichten, wie er war. Sie zeichnen ein facettenreiches Bild über ihn, sind aber alle derselben Meinung, dass Sep Ruf ein Menschenfreund war. Das zeichnet meiner Meinung nach auch sein Werk aus, weil er sich eben sehr damit befasst hat, dass sich Menschen in seiner Architektur wohlfühlen – egal ob sie darin wohnen, dort arbeiten, oder eine gewisse Zeit darin verbringen, wie in einem öffentlichen Gebäude. Und er war unbestritten ein großer Demokrat.



Wer sollte Ihren Film nicht verpassen?
Ich freue mich natürlich über jeden, der den Film anschaut. Er ist für ein breites Publikum gemacht, aber natürlich auch für Architektur- und Kulturinteressierte und ArchitektInnen. Die meisten Menschen leben ja heutzutage in Städten, befinden sich also mehr oder weniger ständig in Architektur und haben dann eine Meinung dazu. Diese zu schärfen, fände ich gut.
All diejenigen, die Sep Ruf nicht kennen – und das sind viele – entdecken hier, wie ich finde, herausragende Architektur mit einer interessanten Persönlichkeit dahinter.