Architektur
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Bunker Feldstraße: Das ist neu in Hamburgs grünstem Bunker

Seit Mitte 2019 wird der beeindruckende Hochbunker an der Feldstraße im Herzen Hamburgs um fünf pyramidenartige Geschosse erweitert. Neben einem Dachgarten ziehen in die neuen Stockwerke des St.Pauli-Bunkers ein Hotel sowie ein großes Gastro- und Kulturangebot ein. Worauf sich Gäste ab voraussichtlich April 2024 freuen können.
Text Antonia Eigel
Datum04.03.2024

Die Begrünung des historischen Flakbunkers auf St. Pauli gilt als Pionierprojekt für kontrollierten Wildwuchs. Sein Dach wurde pyramidenförmig aufgestockt und mit meterhohen alpinen Gehölzen und heimischen Hecken bepflanzt. Der Dachgarten soll zukünftig auch der Öffentlichkeit zugänglich sein. 

Ab voraussichtlich April 2024 können BesucherInnen den begrünten Beton-Koloss zwischen Karoviertel und Millerntor-Stadion besuchen. In die fünf neuen Geschosse zieht neben dem Reverb by Hard Rock Hotel ein Café, eine Bar sowie ein Restaurant und ein Hard Rock Shop ein. Auch eine neue Stadteil- und Konzerthalle wird es geben. Alles Infos auf einen Blick. 

Die Informationen zum Begrünungskonzept des Bunker-Dachgartens wurden erstmals in einem Artikel von Susanne Knigge in der März-Ausgabe 2024 von AW Architektur & Wohnen veröffentlicht. 

Über den Bergpfad auf den Dachgarten des Feldstraßenbunkers

Gute Ideen brauchen Zeit, um zu wachsen. Vor fast genau zehn Jahren haben ein paar Anwohner und Anwohnerinnen auf St. Pauli ihre Vision einer partizipativen Stadtarchitektur entworfen: Auf dem Dach des ehemaligen Flakbunkers IV in Hamburg, dieses weithin sichtbaren, ungehobelten Klotzes aus grauem Beton, wollen sie einen öffentlichen Garten errichten. 

Über einen 560 Meter langen und sechs Meter breiten und nach oben hin schmaler werdenden "Bergpfad", der mit Tragarmen aus Stahl in den Bunkerwänden verankert ist und einmal um das Gebäude herum hoch auf die Dachterrasse führt, kann man sich ab April 2024 den Ausblick über die Stadt auf 58 Meter Höhe erwandern. 

Etwa 7600 Quadratmeter Boden- und mehr als 3000 Quadratmeter Fassadenfläche mussten laut dem Hamburger Landschaftsplanungsbüro L+ für die Aufstockung begrünt werden. Dafür wurde ein sehr detaillierter Pflanzplan erstellt, damit die kunstvoll gestaffelte Pflanzung der Bäume, Vogelnährgehölze und Hecken später so schön ungezähmt aussieht wie auf den Renderings des Projekts. Gleichzeitig soll sie einen effektiven Windschutz bieten. Das Prinzip: kontrollierter Wildwuchs.

Das Begrünungskonzept des Grünen Bunkers

Bei insgesamt 4.700 Bäumen sowie 16.000 Stauden, Rank- und Kletter­pflanzen war ein exakter Pflanzplan notwendig. Denn jede einzelne Bergkiefer, Kupferfelsenbirne, jeder Wacholder und Feldahorn musste per Kran auf knapp 60 Meter Höhe abgesetzt werden – und zwar in ein passgenau vorbereitetes Pflanzloch. 

Dort werden sie bei Bedarf und für die Zeit des Anwachsens durch Stahlseile gesichert und durch Spanngurte in einem mineral­reichen Substrat mit Lavagestein, das durch seine poröse Struktur deutlich leichter ist als Oberboden und gleichzeitig viel Wasser speichern kann, verankert. "Wir haben sogar große Apfelbäume hier oben mit historischen Sorten wie 'Finkenwerder Herbstprinz'", sagt Tim Eddelbüttel, der für die Firma Klaus Hildebrandt Garten- und Landschaftsbau die Begrünung des Bunkers koordiniert.

Sämtliche Gehölze und Bäume für das aufwendige Projekt wurden so ausgesucht und in der Baumschule Lorenz von Ehren vorbereitet und verschult, dass sie möglichst wind- und frostbeständig sind, aber auch längeren Hitzeperioden und Starkregenereignissen gewachsen sind. Angesichts der zunehmenden Ballung extremer Wetterereignisse gelten diese Herausforderungen für Großstädte weltweit. Während der zehn Jahre des Bunker-Projekts, von der ersten Vision bis zur vollendeten Begrünung, ist das internationale Interesse an Lösungswegen für die Klimaanpassung in Metropolen jedenfalls kontinuierlich gestiegen.

"Smart Flow": So wird der Bunker-Dachgarten bewässert

Damit das Grün auch von Dauer sein kann, wurde mittels computergesteuerter "Smart Flow"-Technik ein kaskadenartiges Bewässerungssystem entwickelt, das Regenwasser von der Spitze der Aufstockung über Ablaufschächte auf die jeweils nächsten Level ablaufen lässt und schließlich in einer Zisterne sammelt. Von dort wird das Wasser wieder hochgepumpt. 

Dieser sogenannte kleine Kreislauf sorgt dafür, dass wertvolles Regenwasser nicht einfach über die Kanalisation verschwindet, sondern bis zu 80 Prozent effektiver genutzt wird, da es wieder ins System eingespeist wird. Gibt es in einem kurzen Zeitraum wiederum sehr viel Niederschlag, kann dieser über sogenannte Retentionsboxen zurückgehalten und zu einem späteren Zeitpunkt für die Pflanzen nutzbar gemacht werden.
 

Hilldegarden e. V lädt zum Urban Gardening auf dem St. Pauli-Bunker ein

Urte Ußling ist Gründungsmitglied des Vereins Hilldegarden e. V., der aus der Beteiligungsinitiative entstanden ist: "Ich freue mich darauf, nach einer langen Planungsphase nun wirklich einladen zu können zum aktiven Gärtnern mit Leuten aus dem Stadtteil", sagt sie, die das Projekt seit zehn Jahren ehrenamtlich begleitet und mitgestaltet. 

Neben Hochbeeten für gemeinschaftliches Gärtnern sollen ab April oder Mai 2024 auf dem sogenannten Kragen, der breitesten Stelle des Bunkers, auch ein Lehrgarten sowie ein Stein- und Moosgarten entstehen. 

Der Verein wird auch erstmals einen würdigen Informationsort schaffen, der die Geschichte des Bunkers anschaulich erklärt. Von 475 Quadratmetern der innenliegenden Flächen fallen 170 Quadratmeter auf den Informations- und Erinnerungsort. Die restliche Fläche wird für einen Vereinsraum mit Küche, eine Kunstgalerie und einen Vereinsraum (Arbeits- und Seminarraum, Bibliothek und Archiv) genutzt. 

Klimaforschung auf dem Dachgarten des Feldstraßen-Bunkers

Nicht nur die wild-schönen Pflanzungen auf dem Bunkerdach erleben also gerade internationale Aufmerksamkeit, sondern insbesondere auch die wissenschaftliche Begleitung durch einen Experten der TU Berlin, Dipl.-Ing. Marco Schmidt: Er forscht zu Klimaanpassung und erhebt mit etwa 80 Sensoren auf dem Bunker Daten zur Gesamtwasserbilanz und zur Verdunstungskälte. 

Schmidts Erkenntnisse zur Kühlung von Gebäuden durch Dach- und Fassadenbegrünungen können helfen, den städtischen Wärmeinsel-Effekt zu mildern, der durch hohe Temperaturen in Form von wochenlangen Hitzewellen und die damit verbundene besonders starke Aufheizung bestimmter Stadtgebiete entsteht. Seine Aufzeichnungen sieht er in dieser Form als Pionierprojekt.

Green Beanie: Der neue Food-Kiosk auf dem Bunker-Dachgarten

Der öffentliche und kostenfrei zugängliche Dachgarten ist das Ziel des 560 Meter langen umlaufenden Bergpfads. Unter dem Namen "Green Beanie" wird hier zukünftig auch ein kleines, saisonal wechselndes Angebot an schnellen Snacks und Getränken in einem Pop-up-Container verfügbar sein. Die Öffnungszeiten erstrecken sich von Anfang Mai bis Ende September von 7 bis 23 Uhr und im Herbst/Winter von 7 bis 20 Uhr. Das gastronomische Programm im "Green Beanie" startet mit dem Thema Fischmarkt und bietet ab April Fischbrötchen, Backfisch und mehr an. Das Konzept wird alle drei Monate aktualisiert, um Abwechslung zu bieten.

Neben dem gastronomischen Angebot im "Green Beanie" können BesucherInnen auch alte Apfelbäume erkunden und Früchte pflücken sowie einen Kräutergarten mit Produkten entdecken, die auch in den Gastronomien des Projekts verwendet werden.

Aufgrund von Sicherheitsbestimmungen werden die BesucherInnenzahlen kontrolliert, wobei bis zu 900 Personen gleichzeitig den Dachgarten besuchen dürfen. Ein Drehkreuz am Fuß des Bergpfades reguliert und kontrolliert den Besucherstrom. Insgesamt ist der Bunker für maximal 5.000 Personen ausgelegt, gezählt wird mittels Infrarot-Technik. Die PlanerInnen erwarten täglich zwischen 6.000 und 7.000 BesucherInnen.

Das neue Hotel & Gastronomie-Konzept des St. Pauli Bunkers

So sehen die Check-In Terminals im neuen Reverb by Hard Rock Hotel aus.

Im September 2021 hat die Hamburger RIMC Hotels & Resorts Gruppe die Ausschreibung für den Betrieb eines Hotels und gastronomischer Einrichtungen in der Aufstockung des Bunker St. Pauli gewonnen. Ab voraussichtlich April 2024 können Gäste im Reverb by Hard Rock Hotel – dem ersten seiner Art in Europa – übernachten.

Neben Live-Konzerten und einem Food-Kiosk auf dem Dachgarten haben sich General Manager Till Westheuser und sein Team dazu vielseitige Restaurant-Konzepte ausgedacht:

Reverb by Hard Rock Hotel: Übernachten im Feldstraßenbunker

Das Reverb by Hard Rock soll zum Zentrum für Begegnung und Austausch für Einheimische und Gäste werden.

Das Hotel Reverb by Hard Rock Hamburg wird das erste seiner Art in Europa sein und auch das erste sein, das in den historischen St. Pauli Bunker einzieht.

Passend zum kulturellen Konzept des Feldstraßen-Bunkers soll auch das Reverb by Hard Rock Hamburg ein lebendiger Treffpunkt für Reisende und Locals werden. Neben Übernachtungsmöglichkeiten in den 143 Zimmern und Suiten wird es auch Veranstaltungen wie Konzerte und Ausstellungen geben.

Die Zimmer im Reverb by Hard Rock Hotel im Hamburger Feldstraßen-Bunker sind mit einem Alexa-Sprachassistenten ausgestattet.

Mit dem Reverb by Hard Rock will RIMC auch eine neue Ära des Gastfrendschaft einleiten: Die sogenannten "Smart Rooms" verfügen über eine virtuelle Alexa-Assistentin, die den Aufenthalt im Reverb so angenehm und effizient wie möglich gestalten soll. Gäste können das Licht steuern, ihre Lieblingsmusik abspielen, haben Zugang zu den Reverb City Guides und können sogar frische Handtücher per Alexa anfordern – alles mit nur einem Sprachbefehl.

La Sala: Das neue Restaurant im Feldstraßenbunker

Mit einer offenen Showküche und täglichen Livemusik-Acts schafft es das La Sala im Bunker an der Felstraße eine ungezwungene Atmosphäre für Einheimische und Touristen gleichermaßen.

Das Hauptrestaurant La Sala auf Ebene 05 des Grünen Bunkers bringt das spanische Erfolgskonzept der RIMC Group nach Deutschland. Mit 170 Sitzplätzen, Terrassenfläche und zwei Private-Dining-Bereichen sollen den Gästen zukünftig einzigartige kulinarische Erlebnisse und Live-Entertainment geboten werden. Von Frühstück über Brunch bis zum Dinner bietet das La Sala sieben Tage die Woche verschiedene gastronomische Angebote. 

Im La Sala, das zum Wohnzimmer für den Stadtteil werden soll, stehen vegetarische und vegane Gerichte im Vordergrund, Fleisch und Fisch kann man als Beilage dazu bestellen. 

Constant Grind: Das neue Café im St. Pauli Bunker

Im Constant Grind gibt es nicht nur Kaffee: Tagsüber werden auch warme Speisen angeboten, abends verwandelt sich das neue Café im Bunker an der Feldstraße in eine Bar, in der auch Bier und Wein ausgeschenkt sowie Snacks angeboten werden.

Wer nur auf einen Kaffee vorbeikommen und die Aussicht genießen möchte, ist im Constant Grind genau richtig. Die Gäste erwartet eine Mischung aus Bäckerei und Kaffeehaus, das zum gemütlichen Verweilen einlädt. Neben Tee, Kaffee und Snacks gibt’s hier natürlich auch ein typisches Hamburger Franzbrötchen.

Karo&Paul by Frank Rosin: TV-Koch zieht in den Bunker ein

Für das kulinarische Angebot sorgt ab April TV-Koch Frank Rosin, der gemeinsam mit Executive Chef Patrick Weber Karo&Paul by Frank Rosin im Hamburger Hochbunker betreiben wird. 

Der Name des Restaurants leitet sich von den zwei Hamburger Stadtteilen, dem Karolinenviertel und St. Pauli, ab. Auf insgesamt drei Ebenen können die Gäste zukünftig bei guter Musik Drinks schlürfen und dabei einen sagenhaften Ausblick über Hamburg genießen.

Reverb Radio: Neuer Space für Co-Working und Jam Sessions

Reverb Radio verkörpert die Hardrock-Version eines klassischen Sitzungssaals und ist inspiriert von einem Radiosender. Er kann zukünftig für Besprechungen, die Aufnahme von Podcasts oder sogar den Betrieb eines Satellitenradios genutzt werden.

Zusätzlich bietet Reverb Radio Co-Working-Spaces sowie private Rückzugsorte wie Sound Booths - schalldichte Räume, die mit einer Fender-Gitarre für persönliche Jam-Sessions ausgestattet sind. Für private Gespräche gibt es ein ruhiger Raum für private Gespräche zur Verfügung.

Rock Shop: Hier gibt's Hard Rock und St. Pauli Merch

Im Rock Shop gibt's klassischen Hard Rock aber auch St. Pauli Merch sowie eine Bunker Linie.

Wo ein Hard Rock Hotel ist, da gibt es auch einen Hard Rock Shop: Hier können Gäste klassisches Hardrock-Merchandise sowie eine exklusive Bunker-Linie erwerben. Darüber hinaus werden auch kultige St. Pauli-Merchandise-Artikel erhältlich sein, ergänzt durch eine ständig wachsende Produktpalette.

Der Rock Shop wird nicht nur ein Ort des Einkaufs sein, sondern auch für Veranstaltungen, Konzerte und exklusive Vermietungen zur Verfügung stehen. Gäste können somit nicht nur ein Stück Erinnerung mit nach Hause nehmen, sondern auch ein Teil der pulsierenden Kultur des Bunkers und des Stadtteils erleben. 
 

Georg Elser Halle: Neue Konzert- und Stadthalle mit politischer Message

Neben Hotels und Gastronomie zieht auch eine neue Stadtteil- und Konzerthalle in den Bunker an der Feldstraße 66 ein. In der Georg Elser Halle - benannt nach dem gleichnamigen deutschen Widerstandskämpfer gegen das nationalsozialistische Regime – werden zukünftig Veranstaltungen, Konzerte sowie unter der Woche auch Schulsport stattfinden.

Ursprünglich sollte die neue Halle bereits 2022 ihre Türen für 2.200 Gäste öffnen. Lieferengpässe und pandemiebedingte Verzögerungen haben jedoch die Eröffnung verhindert, sodass bereits geplante Konzerte verschoben werden mussten. Die Neueröffnung ist jetzt für April 2024 geplant.

Mehr Informationen: georgelserhalle.de