AW Designer des Jahres
AW Designer des Jahres

Im Interview: Stefan Diez – AW Designer des Jahres 2022

Bis zur Ausstellung zum AW Designer des Jahres 2022 und des KALDEWEI Future Awards im Zuge der Messe Orgatec, die dieses Jahr wieder vom 25. bis 29.10. in Köln in Pforten öffnet, präsentieren wir wöchentlich ein ausgezeichnetes Werk von Stefan Diez – unserem AW Designer des Jahres 2022. Zum Start unserer Serie hat uns der 51-jährige Industriedesigner u.a. im Interview verraten, warum ihm das Thema Nachhaltigkeit besonders am Herzen liegt und was ein gutes Produkt wirklich ausmacht.
Datum18.08.2022

AW: Wie definierst du gutes Design?

Stefan Diez: Gutes Design muss eine Antwort auf die drängendsten Fragen unserer Zeit geben. Bestehende Strukturen und Ressourcen müssen überdacht und so umgebaut werden, dass sie schnell zu funktionierenden, nachhaltigen Lösungen werden. Der Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft ist in diesem Zusammenhang eine der wichtigsten Herausforderungen.

AW: Was braucht es für ein gutes Produkt?

Stefan Diez: Einen mutigen Produzenten, ein Designbüro, das sich eigenständig bewegen kann, und Partner, die Grenzen ausloten. Einen langen Atem und Zuversicht.

AW: Du hast 2021 zehn Thesen zur Kreislaufwirtschaft formuliert. Warum?

Stefan Diez: Nachhaltigkeit ist im Design schon lange ein Thema. Aber Recycling funktioniert oft noch immer nicht, weil Materialien so verbaut sind, dass man sie nicht einfach wieder trennen kann. Produkte werden in aller Regel immer noch unbrauchbar, weil ein Bauteil kaputt gegangen ist, sich eine Reparatur aber nicht lohnt oder die dazu nötige Infrastruktur fehlt. Technisch funktionierende Produkte werden wie selbstverständlich ersetzt, weil sie ohne jegliche Liebe und Sorgfalt hergestellt wurden. Bei der Kreislaufwirtschaft geht es um die Schließung und Verlangsamung von Stoffkreisläufen und darum, die Auswirkungen unseres Wirtschaftens auf die Umwelt zu begrenzen. Um uns daran zu erinnern, welche Rolle wir als Designer dabei spielen, habe ich unsere Guidelines aufgeschrieben. Die Idee, sie quasi als Manifest zu veröffentlichen, kam mir dann vor einem Jahr.

AW: Wie groß ist denn der Einfluss eines Designers im industriellen Kontext?

Stefan Diez: In unserem Studio haben wir einen großen Einfluss, weil wir schon sehr lange auch mit unseren Partnern zusammen an der technischen Umsetzung unserer Produkte arbeiten. Im Grunde genommen geht nichts an einem Designer vorbei, sie oder er kennt alle Details eines Produkts. Woher das Material kommt, wie und wo es verarbeitet wird, mit welchen Argumenten es beworben wird und wo seine Schwachstellen liegen. Dank computergesteuerter Maschinen können wir heute sogar viel experimenteller entwerfen und konstruieren als noch vor 25 Jahren. Letztlich haben Designer einen enormen Einfluss auf unsere materielle Welt. Wenn es uns gelänge, uns besser abzustimmen, könnte der Einfluss sogar noch viel größer werden.

AW: Was bedeutet deine Lehrtätigkeit für deine Arbeit im Studio?

Stefan Diez: Das Besondere an der Arbeit mit meinen Studierenden ist, dass ich das eigene Handeln stärker reflektieren muss. Es ist ein Unterschied, ob ich das Gefühl habe, etwas richtig zu machen, oder ob ich erklären kann, warum ich etwas wie mache. Unser Studio entwirft Produkte, die morgen marktreif sind – die Studierenden können stattdessen zehn Jahre in die Zukunft denken, dieser Perspektivwechsel ist eine wichtige Bereicherung!

Stefan Diez steht für nachhaltiges Design, das gelingt, wenn Produkte lange halten, flexibel einsetzbar sind und wenn sie am Ende zurückgegeben und zu neuen Objekten gemacht werden. In seinem Studio ist man sich einig:

"Derzeit lernen wir alles von Grund auf neu. Unser Blick auf die Welt wird sich dadurch maßgeblich verändern."