AW Architekt des Jahres
AW Architekt des Jahres

AW Architekt des Jahres 2021: Francis Kéré

Text Jeanette Kunsmann
Datum29.06.2021

Ein herausragender Architekt wie Diébédo Francis Kéré ist nie nur Baumeister, sondern stets auch Visionär und Gestalter von Zukunft. Als AW Architekt des Jahres 2021 überzeugte er die Jury durch seinen zutiefst humanistischen Ansatz und die Gabe, Avantgarde, Experiment und Optimismus bruchlos in Gleichklang zu setzen. 2022 wird Francis Kéré mit der höchsten Auszeichnung der Architekturwelt geehrt: dem Pritzker Architecture Prize

2022 wurde Francis Kéré mit dem Pritzker-Preis ausgezeichnet.

Ob er will oder nicht – meistens steht der Architekt zwischen Baustelle und Vortragssaal. Zwischen Lehm, Holz und Beton. Zwischen global und lokal. Zwischen Avantgarde und Tradition. Zwischen Europa und Afrika. Zwischen Utopie und Pragmatismus. Diébédo Francis Kéré lässt sich nicht einordnen.

Kéré hat von Beginn gelernt, sich im Dazwischen bestens zu behaupten und Zwischenräume mit Gebäuden und Geschichten zu füllen. Kéré kann Menschen begeistern und miteinander verbinden, er kann gedankliche Brücken bauen, immer wieder Netzwerke und Freundschaften knüpfen. 

International zählt der im westafrikanischen Burkina Faso geborene und in Berlin ansässige Baumeister zu den wichtigsten Vertretern einer sozial engagierten Architektur. Bereits für sein erstes Projekt, einen Lehmbau für die Grundschule in seinem Heimatdorf Gando, wird er 2004 mit dem Aga Khan Award for Architecture geehrt. Kéré ist zu dem Zeitpunkt 39 Jahre alt – es folgen viele weitere Gebäude, etliche Auszeichnungen, neue Herausforderungen. Kleine Gebäude können enorme Wirkungen erzielen.

Architekt und Pionier, Botschafter und Vermittler, Enthusiast, Hochschullehrer und Weltenbürger. Viel Zeit verbringt Francis Kéré als Reisender, meistens im Flugzeug auf dem Weg zwischen Deutschland und Burkina Faso, Amerika und Afrika – auch wenn die Pandemie das Tempo seiner Ortswechsel deutlich gebremst hat.

Bevor er im April 2021 nach Porto Novo aufbricht, zur Grundsteinlegung eines Großprojekts für das Parlament von Benin, treffen wir ihn in seinem Büro in Berlin-Kreuzberg. Schon seit 2005 arbeiten er und sein Architektenteam zusammen mit der Kéré Foundation an der gleichen Adresse. Die Hauptstadt hat sich seitdem verändert, bleibt im ewigen Wandel – Kéré Architecture entwickelt sich ebenfalls weiter. Er baut nicht ausschließlich mit Lehm, sondern mit den Baustoffen, die sich vor Ort anbieten.

Architektur als Dienst an der Menschheit

Dass die Menschen mit dem bauen müssen, was sie zur Verfügung haben, postulierte der ägyptische Architekt Hassan Fathy schon in den 1940er-Jahren. Auch Francis Kéré besinnt sich auf diesen Ansatz. Ob temporär oder permanent: Er verwendet gerne Material, das zwar reichlich vorhanden ist, aber übersehen wird, wie zum Beispiel das tote Holz in Montana. 

Entwürfe und Bauten von Kéré Architecture gründen auf einem ganzheitlichen Ansatz, der jeweils ökologische, soziale und kulturelle Widerstandsfähigkeiten der Projekte sichert. Weil sich Kéré als Architekt nicht scheut, mit etablierten Methoden und Konstruktionen zu brechen, wenn diese der gesellschaftlichen Entwicklung oder dem Klima vor Ort nicht entsprechen, hat er eine sich stets wandelnde Gestaltungssprache entwickelt. Was alle Projekte vereint, sind ihre Authentizität und ihre Ehrlichkeit.

Formal wie inhaltlich spannen alle Projekte dabei einen Bogen zwischen den verschiedenen Welten, in denen sich Francis Kéré bewegt. Ob temporäre Konstruktionen wie die afrofuturistische Zeltstruktur in der Wüste für das Musikfestival Coachella 2019 oder der Serpentine Pavilion 2017 in London, permanente Bauten wie der Holzpavillon Xylem für das Tippet Rise Art Center in Montana, Christoph Schlingensiefs Operndorf Afrika oder die Schule in Gando, mit der 2001 alles begann: Unabhängig von Land und Kontinent versteht er Architektur als Dienst an der Menschheit. Schönheit soll sich aus der Funktion ergeben.

Lesen Sie das Interview mit Francis Kéré in der aktuellen AW Architektur & Wohnen 4/2021

Nicht verpassen: 

Kéré Architecture – Arbre à Palabres
Ausstellung in der Architekturgalerie Aedes in Berlin vom 17. Juli – 9. September 2021
www.aedes-arc.de

Mehr zur Ausstellung erfahren Sie hier.

 

Großzügig unterstützt durch: 

KAUFMANN BAUSYSTEME, LAUFEN, STEININGER

Livestream der Preisverleihung zum AW Architekt des Jahres 2021

Sehen Sie sich hier die Aufzeichnung der Preisverleihung mit Francis Kéré im Aedes Forum Berlin vom 16.07.2021 an. 

AW Architektur & Wohnen wünscht Ihnen allen viel Freude an diesem Event.