
Wie ein einzelner Stuhl oder Sessel Räume prägt und Atmosphäre schafft
Das erwartet Sie hier:
Manchmal genügt ein einzelnes Möbelstück, um einem Raum eine ganz eigene Atmosphäre zu geben. Stühle und Sessel sind dabei weit mehr als bloße Sitzgelegenheiten. Sie können zu dominanten Gestaltungselementen werden, die Haltung zeigen und Charakter verleihen. Die folgenden Entwürfe brauchen keine Ergänzung, um ihre Wirkung zu entfalten. Mit klaren Linien, ungewöhnlichen Formen oder überraschenden Materialien setzen sie eigenständige Akzente und schaffen eine besondere Raumatmosphäre. Sie funktionieren als Statement – ob im Wohnzimmer, im Büro oder in der Lobby – und sind Beispiele dafür, wie Möbel Designgeschichte erzählen können, ohne viel Drumherum.
Designklassiker: Solo-Stühle und Sessel, die durch klare Linien und Materialität bestechen
Diese Auswahl zeigt, wie vielseitig und eigenständig Möbel sein können. Jeder Stuhl und Sessel verbindet Funktion mit einer klaren Formensprache, die sofort ins Auge fällt. Dabei spielen nicht nur Materialien und Technik eine Rolle, sondern auch der Mut, Konventionen zu hinterfragen und neue Wege zu gehen. Ob klar strukturiert oder organisch geschwungen – diese Stücke schaffen Räume, die wirken, ohne viele Worte zu brauchen. Sie erzählen Geschichten über Designentwicklung und Zeitgeist und laden dazu ein, genau hinzuschauen.
1. Shell Chair

Der Shell Chair von Hans J. Wegner erschien 1963 als radikale Abkehr vom gängigen Loungemöbel. Die dreibeinige Konstruktion mit breiten, geschwungenen Flügeln wirkte damals ungewohnt futuristisch und fand zunächst wenig Anklang. Seine Sitzschale aus geformtem Sperrholz ruht auf markant ausgestellten Beinen, deren Formgebung technische Präzision und visuelle Spannung vereint. Erst mit der Neuauflage in den 1990er Jahren wurde das Stück als wegweisender Entwurf anerkannt und gilt seither als eines der klarsten Beispiele für Wegners Fähigkeit, organische Formen und konstruktive Logik zu verbinden.
2. Eames Lounge Chair

Der Eames Lounge Chair entstand 1956 als Versuch von Charles und Ray Eames, den traditionellen Clubchair neu zu denken. Statt massiver Polsterung setzten sie auf drei geformte Sperrholzelemente, die mit Leder bezogen und durch eine raffinierte Aluminiummechanik verbunden sind. Die einzelnen Schalen sind leicht zueinander geneigt, sodass Sitz und Rücken eine fließende Einheit bilden. Technische Präzision, industrielle Fertigung und handwerkliche Endbearbeitung greifen hier ineinander. Der Sessel ist kein nostalgisches Zitat, sondern eine klare Weiterentwicklung eines vertrauten Möbeltyps – und wurde so zu einem der am meisten rezipierten Entwürfe der Nachkriegsmoderne.
3. Barcelona Chair

Der Barcelona Chair wurde 1929 von Ludwig Mies van der Rohe und Lilly Reich für den deutschen Pavillon auf der Weltausstellung in Barcelona entworfen. Er war nicht für den breiten Markt gedacht, sondern als repräsentatives Sitzmöbel für das spanische Königspaar. Die Konstruktion besteht aus einem gekreuzten Stahlrahmen, der an die Form antiker Klapphocker erinnert, kombiniert mit lose aufgelegten Lederpolstern. Die klare Geometrie und der Verzicht auf jede ornamentale Geste machen den Stuhl zu einer Ikone des International Style. Seine industrielle Strenge wird durch die handwerklich gearbeiteten Polster in feinem Leder präzise ausbalanciert.
4. Egg Chair

Arne Jacobsens Egg Chair wurde 1958 im Rahmen der Gestaltung des SAS Royal Hotels in Kopenhagen entwickelt. Der Sessel sollte in den offenen Lobby- und Loungebereichen Rückzug und Präsenz zugleich schaffen. Die vollständig gepolsterte Sitzschale aus glasfaserverstärktem Kunststoff ruht auf einem drehbaren Aluminiumfußkreuz und wirkt wie aus einem Guss. Mit seinen geschwungenen Formen kontrastiert der Egg Chair die strenge Architektur des Hotels und gilt bis heute als skulpturales Statement im Möbeldesign.
5. Wiggle Side Chair

Der Wiggle Side Chair ist Teil von Frank Gehrys Furniture Collection, die er 1972 aus mehrfach geschichtetem Wellpapp-Material entwarf. Statt klassischer Holz- oder Metallkonstruktion nutzt Gehry die Schichtung und Konturierung von Karton, um ein leichtes, skulpturales Möbelstück zu schaffen. Die geschwungenen, unregelmäßigen Linien des Stuhls brechen mit traditionellen Stuhlformen und setzen auf rohe Materialität und Experimentierfreude. Der Wiggle Side Chair gilt als frühes Beispiel für nachhaltiges Design und hebt die Grenzen zwischen Kunstobjekt und Gebrauchsgegenstand auf.
6. Ghost Chair

Der Ghost Chair von Philippe Starck entstand 2002 als Neuinterpretation des klassischen Louis-XVI-Stuhls. Gefertigt aus transparentem Polycarbonat verbindet er traditionelle Formen mit moderner Materialität. Die transparente Optik erzeugt einen fast schwerelosen Effekt, der den Stuhl optisch verschwinden lässt und Räume leicht wirken lässt. Starcks Design hinterfragt damit Konventionen und setzt auf Minimalismus gepaart mit einem spielerischen Umgang mit Geschichte und Technik. Der Ghost Chair hat sich schnell zum modernen Klassiker entwickelt und wird weltweit in privaten und öffentlichen Innenräumen eingesetzt.
7. Diamond Chair

1952 entwarf Harry Bertoia die Diamond Chair als Teil seiner experimentellen Serie aus geschweißtem Drahtstahl. Die offene, gitterartige Struktur aus präzise gebogenen Stahlstäben vermittelt Leichtigkeit und Transparenz. Dabei fungieren die Stahlstäbe gleichzeitig als Sitzfläche und Gestell. Die Diamond Chair verbindet industrielle Fertigung mit skulpturaler Ästhetik und gilt als Meilenstein des modernen Möbeldesigns.
8. Ribbon Chair

Der Ribbon Chair von Pierre Paulin wurde 1966 entworfen und ist ein markantes Beispiel für organisches Design der Nachkriegszeit. Seine fließende Form aus einem einzigen, endlos geschwungenen Metallband erzeugt eine dynamische Leichtigkeit, die klassische Stuhlkonzepte auflöst. Der in der Regel gepolsterte Stuhl verbindet skulpturale Wirkung mit funktionaler Sitzgelegenheit. Paulins Entwurf zeigt, wie technische Innovation und ästhetische Kühnheit im Möbeldesign zusammenfinden können.
9. Ball Chair

1963 entwickelte Eero Aarnio den Ball Chair als ungewöhnlichen Sitz mit einer runden Schale aus glasfaserverstärktem Kunststoff. Die Schale umschließt den Sitz komplett und schafft so eine abgeschirmte Ecke. Der Stuhl steht auf einem drehbaren Metallfuß, der Beweglichkeit erlaubt. Mit seiner futuristischen Form brach der Ball Chair deutlich mit traditionellen Stühlen und sorgte für Aufsehen. Seitdem wurde er in vielen Wohnungen, Büros und öffentlichen Bereichen eingesetzt.
10. La Mamma Chair

1969 brachte Gaetano Pesce mit der Up Series frischen Wind ins Möbeldesign – allen voran der La Mamma Chair. Der Sessel sieht aus wie eine sitzende Figur und fällt sofort durch seine runde, organische Form auf. Gefertigt aus flexiblem Schaumstoff und bezogen mit strapazierfähigem Stoff, verbindet er Komfort mit einer starken Optik. Pesce wollte mit diesem Entwurf weg von starren Formen und mehr Persönlichkeit ins Möbel bringen. Der La Mamma Chair wurde schnell zum Kultobjekt und zeigt, wie Möbel auch Emotionen ausdrücken können.