Architektur
Architektur

Sensible Spiegelungen: Die Villa Fifty-Fifty von Studioninedots

Mit diesem besonderen Wohnhaus in Eindhoven ist dem Team von Studioninedots ein Experiment gelungen, das die Typologie des Wohnens neu definiert. Auf 240 Quadratmetern lebt eine Familie konsequent zwischen innen und außen – zu jeder Jahreszeit.
Text Jeanette Kunsmann
Datum28.06.2022
Pavillon trifft auf Tiny House: Villa Fifty-Fifty von Studioninedots in Eindhoven.

Welche Materialien reflektieren am besten und wie stark soll eine Spiegelung sein? Diese Fragen stellte sich das Team des Amsterdamer Architekturbüros Studioninedots für ein experimentelles Wohnhauskonzept in Eindhoven. Es steht etwas außerhalb des Stadtzentrums. Das Gebiet Strijp-R ist bekannt für die einstigen Industriegebäude von Philips – in einem befindet sich zum Beispiel der Werkraum des Designers Piet Hein Eek. Strijp-R markiert die Grenze zwischen Stadt und Natur. 

Halb Garten, halb Haus

Architektur und Landschaft verbinden sich in der Villa Fifty-Fifty, erbaut in einem transformierten Gewerbegebiet direkt neben einem Waldstück. Das Einfamilienhaus ist der gebaute Versuch, jeweils zur Hälfte drinnen und draußen zu leben: 50 Prozent Haus und 50 Prozent Garten.

Villa Fifty-Fifty in Eindhoven

Der Grundriss ist als ein Schachbrett mit einem Raster von grob fünf mal fünf Metern konzipiert, in dem jede Nutzung von der Küche bis zum Bad ein eigenes Volumen besetzt. Weil sich die Bereiche radikal miteinander verschränken, es also keine klassische Aneinanderreihung von Vorgarten, Haus, Terrasse und Garten gibt, sollte dieses Konzept sich auch in der Materialwahl wiederfinden. Denn diese Villa lockt nach draußen: zu jeder Jahreszeit und bei jeder Wetterlage.

Gleichgewicht zwischen Natürlichem und Künstlichem

„Wir wollten keine edlen Materialien wie Marmor verwenden“, betont Jurjen van der Horst, Associate Partner bei Studion​inedots. „Mit der Materialität versuchen wir uns an die Umgebung zwischen Industriegebiet und Natur anzunähern.“ Bei der Villa Fifty-Fifty sollte es darüber hinaus eine Materialsprache sein, die gewohnte Oberflächen aus Innenräumen nach außen bringt und vice versa.

Als Highlight positioniert sich der zentrale Turm, der als Volumen stark reflektieren sollte, vor allem den Himmel, der sich in den Niederlanden im Laufe eines Tages mehrfach verändert. Das geschlossene vertikale Volumen, in dem sich die beiden Kinderzimmer befinden, spiegelt mit seiner poliertem Aluminiumfassade auf subtile Weise die Landschaft wider. Die Architekten wünschten sich eine sensible Reflexion. Wenn es dunkelt wird, leuchten die Fenster im Wohnturm.

Ein echter Spiegel würde die Architektur nicht unsichtbar werden lassen, sondern könnte in diesem Setting genau das Gegenteil erzeugen, befürchtete das Team von Studion​inedots. „Wir haben uns dann Referenzen angeschaut, zum Beispiel das Museum von SANAA für den Louvre in Lens“, erinnert sich Jurjen van der Horst. „Paneele aus gebürstetem Aluminium erschienen uns die beste Entscheidung.“ Dass die Fassade perfekt zum Inside-outside-Konzept passt, überzeugte auch die Bauherren. Van der Horst: „Sie haben bei keinem unserer Vorschläge wirklich Einspruch erhoben.“ Bei einem früheren Projekt hatten Architekten von Studioninedots bereits eine starke Vertrauensbasis aufgebaut. 2020 wurde die Villa Fifty-Fifty nach zwei Jahren Bauzeit bezogen. Gerade noch rechtzeitig zum ersten Lockdown, in dem das Leben zwischen drinnen und draußen so essenziell wurde.