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Berliner Kreative: Irina Kromayer

Irina Kromayer, die als Architektin und Innenarchitektin maßgeblich an der Gestaltung und Umsetzung des im November 2022 eröffneten Château Royal mitgewirkt hat, verrät, was Berlin aus ihrer Sicht so einzigartig macht und warum sich die deutsche Hauptstadt von anderen Metropolen wie beispielsweise Rom oder Paris abhebt.
Datum13.12.2022
Château Royal: Übernachten wie König und Königin, im 21. Jahrhundert

Irina Kromayer wollte immer zum Film. Das war einer der Gründe, warum die Architektin und Innenarchitektin (sie hat beide Abschlüsse) vor 22 Jahren von New York, wo sie damals lebte, nach Berlin gekommen ist. In ihrem neusten Projekt, dem Château Royal, das die geborene Münchnerin zusammen mit Etienne Descloux und Katariina Minits gestaltet und umgesetzt hat, spürt man diesen Einfluss überall: vor dem Eingang, im Foyer, im Fahrstuhl und in den Treppenhäusern, im Wintergarten, der dem Hinterhof zu neuem Glanz verholfen hat, und natürlich in jedem Zimmer. Jeder Raum erzählt eine neue Szene und provoziert neue Stimmungen und Atmosphären. Es sind Szenen eines Films: eine Ode an Berlin.

Hotel Château: Berlins neue Adresse für alle, die Kunst und Kulinarik lieben

„Berlin ist für mich Vielfalt“, meint Irina Kromayer. „Städte wie Rom oder Paris sind eher etwas einseitig, aber Berlin hat als Metropole einen unglaublichen Reichtum und viel Abwechslung.“ So passt es, dass auch die 93 Zimmer jeweils individuelle Grundrisse und ein eigenes Wesen haben. In der Junior Suite findet sich aufgrund des Geschossversprungs zwischen den beiden Gebäudeteilen von 1850 und 1910 eine kleine Treppe, die das Zimmer in zwei Ebenen strukturiert. Es ist einer der Lieblingsräume von Irina Kromayer. Zur Berlin-Story passt auch, dass Neubau und Dachaufbau von David Chipperfield Architects entworfen wurden.

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Eine Klammer bilden die Farben, die Sichtbezüge zwischen den Szenen im Erdgeschoss und das übergeordnete, zeitlose Gestaltungskonzept: Château Royal ist klassisch, aber nicht nostalgisch oder retro. „Es ist eine Neuinterpretation der Zwanzigerjahre“, resümiert Irina Kromayer, die sich an dem Detailreichtum dieser Epoche orientiert hat. Nach diesem Leitbild wurden auch die Materialien ausgewählt: der Tresen aus Zinn, farbiges Glas, die Craquelé-Fliesen, Marmor, Samtbezüge, das Fischgrätparkett aus Eiche und Guss-Asphalt – für Irina Kromayer der „Berliner Terrazzo“.

In den Fluren liegen Sisalteppiche, alles Materialien, die gut altern werden. Das passt zu Farben (Lindgrün, Petrol- und Himmelblau, Korall und Ocker), die einerseits von Gemälden der Zwanzigerjahre, andererseits von den glasierten Steinen der alten Berliner U-Bahn-Stationen dieser Zeit inspiriert sind: Willkommen am Rüdersheimer Platz, an der Uhlandstraße oder am Alexanderplatz.

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Mit dieser Methode gelingt es Kromayer und ihrem Team, dass Berlinbesuchende die Hauptstadt in Einzelteilen in den Innenräumen des Château Royal erleben können. Zum Pre-Opening pa­ral­lel zur Art Week kam die Kunstszene, was daran liegt, dass sich in dem Hotel Gastfreundschaft und Kunst auf so vielen Ebenen miteinander verbinden. Mit über 100 Bildern, Skulpturen und Installationen von Alicja Kwade, Thomas Demand, Klara Liden, Christian Jankowski oder Yngve Holen ist Château Royal nicht nur ein Hotel, sondern auch ein Ausstellungshaus für zeitgenössische Kunst. Das Team vom Château Royal – Stephan Landwehr vom Grill Royal, Moritz Estermann und Victoria Eliasdóttir, die das hauseigene Restaurant dóttir leitet – haben in dem denkmalgeschützten Ensemble so viel altes und neues Berlin zusammengebracht, dass sich auch Einheimische in dieser neuen Welt gerne tummeln werden. Nächsten Sommer folgt eine Bar auf dem Dach.

„Diese vielen Talente, die in Berlin zusammenkommen, das Internationale gibt es so in keiner anderen deutschen Stadt“, sagt die Architektin. Und an welche Berliner Orte zieht es Irina Kromayer? Sie liebt den Tiergarten, die Neue Nationalgalerie und das Lon Men’s Noodle House in der Kantstraße. Dort geht sie schon seit 20 Jahren gerne essen. Die Neue Nationalgalerie findet sie als öffentlichen Ort großartig, weil es eine städtische, bürgernahe Architektur ist, mit Skateboardflächen und Skulpturengarten: „Das ist High Design, aber trotzdem cool und belebt.“ Und so reist die Architektin in Gedanken schon weiter: nach Brasilien, zu den Plätzen von Burle Marx, die ihr gut gefallen haben, und nach Mexiko, einem Sehnsuchtsort. Ja, Berlin kann sich viel von anderen Orten abschauen und mutiger sein, findet Irina Kromayer, bevor sie weitermuss, zurück an die Arbeit. Der Film Château Royal ist noch nicht fertig.