Architektur
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Von innovativen Wohnkonzepten bis zu ikonischen Skylines – 9 Architektinnen, die Lebensräume vielfältig gestalten

Ihre Arbeiten prägen unsere gebaute Umwelt nachhaltig und gestalten die Räume, in denen wir leben, arbeiten und uns begegnen. Es lohnt sich deshalb umso mehr, die Architektinnen hinter diesen visionären Projekten kennenzulernen und ihre vielfältigen Ansätze zu entdecken, die unsere Lebenswelten zukunftsweisend und inspirierend machen.
Text Yvonne Dewerne
Datum04.08.2025

Frauen bereichern die Architektur mit kreativer Kraft, Weitblick und einem tiefen Verständnis für die Bedürfnisse unserer Zeit. Sie gestalten Räume, die verbinden, denken Städte ganzheitlich und entwickeln Lösungen, die ökologisch, sozial und ästhetisch überzeugen. Ihr Beitrag verändert nicht nur das Bauen, sondern auch unser Denken über Lebensräume. 
AW Architektur & Wohnen würdigt seit Jahren Architekten und Architektinnen, die mit ihrer Vision und ihrem Engagement neue Maßstäbe setzen. Einige dieser ausgezeichneten Frauen finden sich in dieser Übersicht wieder und zeigen, wie Frauen die Architektur von heute und morgen gestalten.

1. Jeanne Gang (USA)

Die US-amerikanische Architektin Jeanne Gang gilt als Pionierin einer nachhaltigen und sozialen Architektur.

Jeanne Gang gehört zu den prägendsten Architektinnen der Gegenwart. Außerdem wurde sie in diesem Jahr von AW Architektur & Wohnen zur Architektin des Jahres gewählt. Mit ihrem Büro Studio Gang hat sie eine Vielzahl wegweisender Projekte realisiert, die Architektur als integralen Bestandteil gesellschaftlicher, ökologischer und städtebaulicher Prozesse begreifen. Internationale Bekanntheit erlangte sie mit dem Aqua Tower in Chicago, dessen skulpturale Fassade nicht nur gestalterisch auffällt, sondern auch mikroklimatische Effekte berücksichtigt. Mit dem Nature Boardwalk im Lincoln Park Zoo schuf sie ein öffentlich zugängliches Biotop und Bildungszentrum, das Natur, Forschung und Öffentlichkeit verbindet. Das Arcus Center for Social Justice Leadership in Michigan gilt als architektonisches Manifest sozialer Gerechtigkeit. Das Writers Theatre in Glencoe eröffnet mit seiner transparenten Struktur neue Formen der Begegnung zwischen Bühne und Publikum. Mit dem St. Regis Chicago, dem aktuell dritthöchsten Gebäude der USA, erweitert Gang ihr Repertoire in den Bereich des Hochhausbaus mit städtebaulicher Präzision. Ihre Projekte umfassen Kulturbauten, Bildungseinrichtungen, Wohnbauten und öffentliche Infrastrukturen und stehen für eine Architektur, die gesellschaftliche und ökologische Fragen in konkrete bauliche Lösungen übersetzt.

2. Dorte Mandrup (Dänemark)

Dorte Mandrup wurde 2019 von AW Architektur & Wohnen zur Architektin des Jahres gekürt und zählt zu den führenden Stimmen der skandinavischen Architektur. Mit ihrem Büro in Kopenhagen realisiert sie Projekte, die Landschaft, Geschichte und Nutzerbedürfnisse in einen engen Dialog bringen. So interpretiert das Wadden Sea Centre im dänischen Wattenmeer die traditionelle Reetdacharchitektur neu und fügt sich sensibel in das UNESCO-Weltnaturerbe ein. Das Icefjord Centre in Grönland setzt als skulpturale Landmarke einen Fokus auf Klimaforschung und die einzigartige Landschaft. Mit dem Ama’r Children’s Culture House in Kopenhagen schafft Mandrup einen Raum für partizipative und soziale Kulturarbeit, während die multifunktionale Sundbyøster Hall Sport, Kultur und Gemeinschaft verbindet. Ihre Architektur vereint skandinavische Klarheit mit emotionaler Kraft und einem starken Bewusstsein für Nachhaltigkeit, wobei sie regionale Identität und zeitgemäße Ansprüche gleichermaßen berücksichtigt.

3. Jette Cathrin Hopp (Norwegen)

Jette Cathrin Hopp, Direktorin bei Snøhetta, bekannt für ihre leitende Rolle bei internationalen Architekturprojekten und ihre Expertise in Akquisition und Projektentwicklung.

Jette Hopp ist eine zentrale Führungspersönlichkeit bei Snøhetta und prägt dort seit 2005 als Direktorin für Akquisition und neue Projekte die internationale Ausrichtung des Büros. Mit ihrem deutsch-norwegischen Hintergrund bringt sie eine vielfältige Perspektive in komplexe Großprojekte ein. Sie leitete unter anderem den Bau des King Abdul Aziz Center for Knowledge and Culture in Saudi-Arabien sowie die Entwicklung des Norwegischen Nationaltheaters und Balletts in Oslo. Darüber hinaus verantwortete sie internationale Projekte wie das Hotel- und Resortprojekt auf der kroatischen Insel Hvar sowie das nachhaltige Powerhouse One in Trondheim. Hopp vereint in ihrer Arbeit soziale Verantwortung, ökologische Nachhaltigkeit und kulturelle Sensibilität und verfolgt einen integrativen Ansatz, der Architektur als Teil eines größeren gesellschaftlichen und ökologischen Kontextes versteht.

4. Kazuyo Sejima (Japan)

Kazuyo Sejima – Meisterin der minimalistischen und lichtdurchfluteten Architektur.

Kazuyo Sejima prägt mit ihrem Büro SANAA die zeitgenössische Architektur durch klare, minimalistische Formen und eine außergewöhnliche Leichtigkeit. Ihre Entwürfe zeichnen sich durch transparente Strukturen und fließende Raumübergänge aus, die eine subtile Verbindung von Innen und Außen schaffen. Zu ihren bedeutendsten Projekten gehören das 21st Century Museum of Contemporary Art in Kanazawa, ein kreisrunder Bau mit offenen, fließenden Räumen, das Glas-Pavillon im Toledo Museum of Art, das mit seiner filigranen Glasfassade neue Maßstäbe für Materialeinsatz setzt, und das Rolex Learning Center in Lausanne, das als flach geschwungene Landschaft aus Beton und Glas eine neue Form von Lern- und Begegnungsräumen schafft. Sejima verbindet in ihren Arbeiten Funktionalität mit einem poetischen Raumgefühl, das Nutzer einlädt, Architektur neu zu erleben.

5. Odile Decq (Frankreich)

Mit radikalem, expressivem Stil sprengt Odile Decq Konventionen und schafft kraftvolle Gebäude, die polarisieren und zum Nachdenken anregen.

Odile Decq steht für eine kraftvolle und expressive Architektur, die mit markanten Formen und kräftigen Farben auffällt. Ihr Werk kombiniert innovative Ansätze mit einem starken Sinn für Dynamik und Bewegung. Bekannt wurde sie mit dem Banque Populaire de l’Ouest in Rennes, einem Gebäude, das durch seine lebendige Farbgebung und kühne Gestaltung prägt. Mit dem MACRO in Rom schuf sie eine Erweiterung für das Museum für zeitgenössische Kunst, die Altes und Modernes auf beeindruckende Weise verbindet. In Paris verwandelte sie mit Le Cargo ein ehemaliges Lager in ein pulsierendes Innovationszentrum, das industrielle Ästhetik mit Funktionalität vereint. Der Antares Tower in Barcelona setzt mit seiner leuchtend roten Fassade und organischen Formen ein deutliches architektonisches Statement. Neben ihrer Praxis fördert Odile Decq als Gründerin des Confluence Institute in Lyon die nächste Generation von ArchitektInnen und steht für einen innovativen, interdisziplinären Ansatz, der Architektur neu denkt.

6. Tatiana Bilbao (Mexiko)

Tatiana Bilbao posiert für ein Porträt mit ihrer Installation " La ropa sucia se lava en casa" (Dreckige Kleidung wird zu Hause gewaschen) für die MECCA x NGV Women in Design Commission (2022).

Tatiana Bilbao entwickelt eine Architektur, die soziale Verantwortung mit einer klaren, poetischen Formensprache verbindet. Ihre Projekte zeichnen sich durch eine sensible Einbettung in den Kontext und die Nutzung lokaler Materialien aus, wodurch nachhaltige und zugleich lebendige Räume entstehen. Bekannt wurde sie durch Wohnprojekte, die das Thema Gemeinschaft neu definieren, sowie durch kulturelle Einrichtungen, die den Dialog zwischen Tradition und Moderne fördern. So realisierte sie beispielsweise das Serpentine Pavilion in London, das mit seiner offenen, modularen Struktur Räume für Begegnung schafft. 2022 wurde sie von AW Architektur und Wohnen zur Architektin des Jahres gewählt, eine Anerkennung für ihr Engagement, Architektur als Instrument für gesellschaftlichen Wandel zu begreifen. Bilbao verbindet innovative Gestaltung mit einem tiefen Bewusstsein für soziale und ökologische Themen.

7. Anupama Kundoo (Indien)

Prof. Dr. Kundoo zeigt, wie Architektur Umwelt und Gesellschaft vereinen kann.

Prof. Dr. Anupama Kundoo gestaltet eine Architektur, die durch den bewussten Umgang mit lokalen Materialien und ressourcenschonenden Techniken besticht. Ihr Wall House in Auroville ist ein beeindruckendes Beispiel für kosteneffizientes, ökologisches Bauen, das auf Einfachheit und Nachhaltigkeit setzt. Die Kombination aus experimentellen Bauweisen und sozialer Verantwortung zieht sich durch ihr gesamtes Werk, das weltweit Anerkennung findet. Neben ihrer praktischen Arbeit prägt sie als Professorin an der Technischen Universität Berlin die nächste Architektengeneration. Ihr integrativer Ansatz macht sie zu einer bedeutenden Stimme für nachhaltige und verantwortungsbewusste Architektur.

8. Heather Dubbeldam (Kanada)

Heather Dubbeldam als Verfechterin grüner Architektur und umweltfreundlicher Materialien.

Heather Dubbeldam gestaltet Architektur mit einem klaren Fokus auf Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung. Ihre Arbeiten, darunter das preisgekrönte Skygarden House in Toronto und die Umgestaltung der ehemaligen Bata-Schuhfabrik zu einem umweltfreundlichen Wohnprojekt, zeigen, wie umweltbewusstes Design und ästhetische Qualität Hand in Hand gehen können. Sie verbindet technische Innovationen mit einem tiefen Verständnis für den Kontext und schafft Räume, die sowohl funktional als auch inspirierend sind. Neben ihrer Praxis engagiert sie sich stark für Gleichberechtigung in der Architektur und prägt als Vorsitzende von Building Equality in Architecture Toronto die Branche mit.

10. Marina Tabassum (Bangaldesch)

Der Serpentine Pavilion steht exemplarisch für Tabassums Philosophie: Einfachheit, Nachhaltigkeit und kulturelle Tiefe.

Marina Tabassum schafft Architektur, die tief in der lokalen Kultur Bangladeschs verwurzelt ist und sich durch ein feines Gespür für Klima und Gemeinschaft auszeichnet. Mit der Bait Ur Rouf Moschee in Dhaka bewies sie, wie traditionelle Bauweisen und zeitgenössische Gestaltung zu einem spirituellen und zugleich modernen Raum verschmelzen können. Ihr Projekt „Khudi Bari“ entwickelt kostengünstige und klimafeste Wohnlösungen, die auf die Herausforderungen des Klimawandels reagieren. Für den Serpentine Pavilion 2025 entwarf sie eine modulare Holzstruktur, die die Vergänglichkeit und das Gemeinschaftsgefühl thematisiert. Marina Tabassum steht für eine Architektur, die soziale Verantwortung und kulturelle Identität verbindet.

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