Architektur
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Wie Hermès mit seiner neuen Manufaktur zeigt, dass Architektur und Handwerk denselben Anspruch an Präzision teilen

In dieser Hermès-Manufaktur entstehen luxuriöse Lederprodukte, gefertigt von Hand und eingebettet in eine Architektur, die Funktion, Licht und Material aufeinander abstimmt.
Text Yvonne Dewerne
Datum21.10.2025

Am Stadtrand von L’Isle-d’Espagnac hat Hermès eine neue Ledermanufaktur eröffnet, die die Verbindung von Architektur und Handwerk in den Mittelpunkt stellt. Der Bau liegt ruhig in der Landschaft der Charente und fügt sich präzise in das bestehende Gelände ein. Entworfen wurde er vom Büro Guiraud-Manenc, das auf klare Strukturen, einfache Materialien und eine zurückhaltende Erscheinung setzt. Die Werkstatt bietet rund 260 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Arbeitsplätze, die auf Konzentration und handwerkliche Präzision ausgelegt sind. Licht, Raum und Material sind so aufeinander abgestimmt, dass sie das Arbeiten unterstützen, nicht stören.

Hermès gestaltet Werkstätten, in denen Handwerk und Architektur zusammenwirken

Hermès unterhält in Frankreich insgesamt 27 Manufakturen, in denen Lederwaren, Sättel, Seidenkreationen und weitere Luxusprodukte mit höchster Handwerkskunst gefertigt werden. Die in L’Isle-d’Espagnac ist die Neueste – und vielleicht die Schönste. 

Die neue Hermès-Manufaktur fügt sich mit klarer Geometrie und regionalen Materialien harmonisch in die Landschaft von L’Isle-d’Espagnac ein.

Eine klare Struktur und präzise Materialität

Das Gebäude steht auf dem Gelände eines ehemaligen Flugfeldes und ersetzt die industrielle Härte des Ortes durch eine ruhige, horizontale Architektur. Die Fassade besteht aus regionalem Stein, Holz und Glas. Diese Kombination verleiht dem Bau eine warme, technische Anmutung, die weder kühl noch dekorativ wirkt. Die Gliederung folgt einem gleichmäßigen Raster, das Orientierung schafft und Transparenz ermöglicht. Innenräume und Werkstätten sind auf Sichtbezüge ausgelegt, die den offenen Austausch fördern. Großflächige Verglasungen bringen Tageslicht tief in das Gebäude, wodurch die künstliche Beleuchtung auf ein Minimum reduziert wird.

Die Hermès-Manufaktur setzt auf klare Linien und natürliche Texturen statt auf repräsentative Gesten.

Bauen mit regionalen Ressourcen

Die Konstruktion nutzt lokale Materialien und Handwerkstechniken. Der helle Kalkstein stammt aus der Charente, Holz und Stroh aus der unmittelbaren Umgebung. Die Energieversorgung erfolgt überwiegend über Solarpaneele auf dem Dach, ergänzt durch eine Geothermieanlage. Das Gebäude erreicht nahezu eine positive Energiebilanz und erfüllt hohe Standards in Bezug auf Nachhaltigkeit und Energieeffizienz. Diese Aspekte werden nicht betont inszeniert, sondern sind Teil des architektonischen Systems. Die Lösung bleibt technisch präzise und zurückhaltend.

Offene Werkstattflächen geben Einblick in die präzise Handarbeit der Hermès-Artisanen.

Ein Raum, der Konzentration fördert

Im Inneren herrscht eine sachliche, ruhige Atmosphäre. Die Arbeitsplätze sind auf optimale Lichtverhältnisse ausgerichtet, die Wege klar definiert. Kleine Innenhöfe öffnen sich zwischen den Werkstätten und bringen Luft und Blickbeziehungen in den Arbeitsalltag. Die Architektur schafft einen Rahmen, der auf das Wesentliche reduziert ist. Keine überflüssigen Formen, keine dekorativen Elemente. Nur Material, Raum und Licht im ausgewogenen Verhältnis.

Ein klares Bekenntnis zur handwerklichen Kultur

Die Manufaktur in L’Isle-d’Espagnac steht beispielhaft für den Umgang von Hermès mit Architektur. Sie ist kein repräsentativer Bau, sondern ein präzise konstruierter Arbeitsort, der die Werte der Marke räumlich übersetzt. Handwerk, Material und Zeit bestimmen den Charakter. Das Gebäude zeigt, dass Luxus sich hier nicht über Glanz oder Größe definiert, sondern über Qualität, Dauer und Respekt vor der Arbeit.

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